Hat man mit Gerichten und der Justiz zu tun, hört man es immer wieder: “Boah ne, hör mit dem langweiligen Mist auf.” Viele Menschen scheinen so zu empfinden, reagieren ablehnend und genervt, sobald das Gespräch in diese Richtung geht. Und gehört man wie ich zu den wenigen Menschen, die Gerichtsverhandlungen durchaus spannend finden, wundert man sich immer wieder, warum so wenige Beschuldigte zu ihren eigenen Terminen erscheinen.
Fragt man hier nach, bekommt man verschiedene Aussagen, die jedoch alle mehr oder weniger auf dasselbe hinauslaufen. Die Leute haben keine Lust darauf, sich mehrmals ins Gericht zu begeben. Initial Appearance, Preliminary Hearing, Trial, möglicherweise folgt sogar noch eine Berufung oder Revision (hier im Staat Widerspruch genannt).
Und ja, man könnte es vielleicht nachvollziehen, vor allem in den schönen Sommermonaten. Wer setzt sich da schon gerne in einen staubigen Saal und hört Staatsanwälten, Richtern und Rechtsanwälten zu, wie sie ihre Paragraphen reiten und sich vielleicht darüber streiten, ob ein kleiner Tippfehler in der Anklageschrift Auswirkungen auf den gesamten Prozess hat oder nicht.
Wenn Sie mich jedoch nach meiner persönlichen Meinung fragen, dann muss ich Ihnen leider sagen, dass ich es sehr unvernünftig finde, seinem eigenen Prozess nicht beizuwohnen, egal wie sehr einen dies auch langweilen mag. Um ganz offen zu sein, würde ich es in manchen Situationen sogar schon als dumm bezeichnen. Und wenn ich mir dann ansehe, wie solche Fälle oftmals ausgehen, dann kommt mir bei den Urteilen unweigerlich immer wieder der Ausdruck “selbst Schuld” in den Sinn. Lassen Sie mich erklären, warum.
Erstens gibt es bei den meisten gerichtlichen Terminen eine gesetzliche Anwesenheitspflicht. Erscheint man dennoch nicht, hat das direkte, negative Auswirkungen.
Zweitens hat ein Beschuldigter das Recht auf Verteidigung und rechtliches Gehör. Er darf Erklärungen abgeben, Beweisanträge stellen, Zeugen befragen und auf für ihn negative Ermittlungsergebnisse reagieren. Wie will er das tun, wenn er gar nicht anwesend ist?
Drittens verschafft sich der Richter in einem Prozess auch immer einen persönlichen Eindruck des Beschuldigten, welcher unter Umständen in das Urteil einfließen kann. Ist der Beschuldigte geständig und zeigt Reue, wird der Richter dies sicherlich berücksichtigen.
Und last but not least kann nur derjenige sich vor Verfahrensfehlern schützen, der auch anwesend ist. Glauben Sie etwa, der Staatsanwalt sagt eigenständig: “Entschuldigen Sie bitte, Euer Ehren, da ist mir ein Fehler unterlaufen, der den ganzen Prozess leider beendet.”
Natürlich gibt es noch weitere Gründe, die für eine aktive Prozessteilnahme sprechen. Und wie gesagt, ich kann es verstehen, dass man vielleicht keine Lust auf staubige Gerichtssäle und noch staubigere Gespräche hat. Aber bedenken Sie immer eines: Verurteilt werden ist leichter als Sie denken, vor allem wenn Sie gar nicht anwesend sind. Denn nicht selten fällt das Urteil dann sogar noch härter aus.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Im Gegensatz zu sachlichen und neutral gehaltenen Artikeln, ist eine Kolumne ein subjektiverer und meinungsbetonterer Text eines Autors. Sie soll informieren, jedoch auch unterhalten und kann auch die persönliche Perspektive des Autors auf bestimmte Themen enthalten.