Jeder, der schon einmal Theater gespielt oder bei einer Musikaufführung mitgewirkt hat, hat mit Sicherheit auch schon den Satz gehört: “Die Generalprobe MUSS schief gehen.” Was soll ich sagen, Theaterleute sind nun mal abergläubisch. Und wenn die Generalprobe wirklich schief geht, ist es ja auch nicht weiter dramatisch. Im Gericht sieht das jedoch ganz anders aus.
Als zweiter Teil der üblichen Prozesskette wird das “Preliminary Hearing” häufig als Probelauf bezeichnet. Man könnte es auch als eine Art “Mini-Prozess” bezeichnen. Der Grund dafür ist, dass bei diesem Termin der Richter darüber entscheidet, ob eine Anklage zugelassen wird oder nicht.
Die Staatsanwaltschaft übergibt dem Richter offiziell die Akte und verliest die Anklageschrift. Übrigens die erste Hürde, welche hier von der Staatsanwaltschaft gemeistert werden muss. Denn erhält die Verteidigung, also der Beschuldigte sowie dessen möglicher Anwalt, die Anklageschrift nicht spätestens 24h vor dem Beginn des Preliminary Hearings, ist dies bereits ein sogenannter Prozessfehler.
Danach werden dem Gericht sämtliche Beweise vorgelegt und jede Seite darf, sofern sie denn möchte, genau einen Zeugen aufrufen und befragen. Jedoch muss sich dieser auch dem Kreuzverhör der Gegenseite stellen. Genau dieser Teil ist es, weshalb das Preliminary Hearing gerne als Probelauf für den eigentlichen Prozess gesehen wird. Hier kann die Verteidigung bereits wertvolle Einblicke in die Prozessstrategie der Staatsanwaltschaft gewinnen und sich einen genaueren Überblick über die Beweise verschaffen, möglicherweise sogar zweifelhafte Beweise ausschließen lassen.
Außerdem fragt der Richter den Beschuldigten erneut nach dessen Bekenntnis, da sich dieses seit dem Initial Appearance geändert haben könnte. Lautet das Bekenntnis “schuldig”, wird auch hier häufig und im Sinne der Prozessökonomie in ein Schnellverfahren übergegangen. Lautet es “unschuldig” – naja, dann weiter im Programm.
Natürlich werden die Beweise nicht so streng betrachtet, wie in einem richtigen Prozess, da der Richter im Preliminary Hearing nicht über die tatsächliche Schuld entscheiden muss. Er muss lediglich entscheiden, ob die dargebrachten Beweise einen hinreichenden Tatverdacht, einen sogenannten “probable cause” ergeben. Die Frage lautet hier also: “Klingt der dargestellte Tathergang wahrscheinlich und wird dies zusätzlich durch die Beweise gestützt? Oder lässt die Darstellung der Staatsanwalt noch zu viele Lücken und Fragen offen?”
Ist der Richter jedoch überzeugt, dass ein probable cause vorliegt, wird die Anklage offiziell zugelassen und die Generalprobe für den Fall war erfolgreich. Schafft es die Staatsanwaltschaft nicht, den Richter zu überzeugen, wird die Generalprobe ein Desaster und auch die Premiere abgesagt. Not every show must go on.
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Im Gegensatz zu sachlichen und neutral gehaltenen Artikeln, ist eine Kolumne ein subjektiverer und meinungsbetonterer Text eines Autors. Sie soll informieren, jedoch auch unterhalten und kann auch die persönliche Perspektive des Autors auf bestimmte Themen enthalten.