“Initial Appearance” oder auch “Das erste Date”

Wer kennt sie nicht, diese Aufregung vor dem ersten Date? Das leichte Zittern der Hände, Herzklopfen, Schweißausbrüche. So manchem ergeht es auch so, steht man zum ersten Mal vor Gericht. Plötzlich hat man es mit Staatsanwälten und Richtern zu tun und weiß gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht. 

Natürlich kann man sich Hilfe holen und einen Anwalt beauftragen – wozu ich hier prinzipiell jedem dringend raten würde. Doch steht es natürlich jedem frei, ob er einen Anwalt einschalten möchte. Daher möchte ich versuchen, für diese Fälle vielleicht die ein oder anderen grundsätzlichen Fragen zu beantworten.

Ist man Beschuldigter in einem Strafverfahren, können bis zu drei Verfahrensbereiche stattfinden, bevor ein endgültiges Urteil getroffen wird. Das Initial Appearance, das Preliminary Hearing sowie das eigentliche Trial (den Prozess). Die Ausnahmen lasse ich hier einmal außen vor und möchte mich heute auf den ersten Teil dieser Prozesskette konzentrieren, das Initial Appearance.

Der Vergleich mit einem ersten Date hinkt vielleicht im ersten Moment. Auf ein Date freut man sich in der Regel, auf einen Gerichtstermin wohl doch eher weniger. Trotzdem ist er meiner Meinung nach nicht falsch. Denn ein Initial Appearance ist die erste formelle Vorführung eines Angeklagten vor einen Richter, somit das erste Treffen. Und wie beim ersten Date, beschnuppert man sich gegenseitig, klärt die Rahmenbedingungen und die Umstände des nächsten Wiedersehens. 

Sowohl der Beschuldigte als auch der Richter erfahren bei diesem ersten Termin, welche Vorwürfe gegen den Beschuldigten im Detail vorgebracht werden. An dieser Stelle muss der Richter sicher stellen, dass der Beschuldigte die Vorwürfe sowie seine Rechte verstanden hat und ob er – falls nicht bereits geschehen – einen Anwalt oder Pflichtverteidiger hinzu ziehen möchte. 

Wie bei jedem anständigen Date, fällt der Richter zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Entscheidungen über Beweismittel, Zeugen oder die tatsächliche Schuld des Tatverdächtigen. Mal ehrlich: Erste Dates kann man eben versauen, umso besser wenn das Gegenüber nicht vorverurteilt.

Allerdings ist es die Pflicht des Richters, das sogenannte Bekenntnis abzufragen. Bekennt sich der Tatverdächtige für schuldig oder unschuldig? Dies kann sich auf den weiteren Verlauf des Prozesses auswirken. Wird ein Schnellverfahren durchgeführt oder geht es ab ins zweite Date? Je nach Umständen hat beides seine Vor- und Nachteile. 

Bekennt sich der Beschuldigte unschuldig, wird das Initial Appearance mit der Entscheidung abgeschlossen, ob er in Haft genommen oder auf Kaution freigelassen wird. Eine Inhaftierung ist im Regelfall eher selten, jedoch nicht ausgeschlossen. Daher ist auch hier ein Anwalt von Vorteil und überzeugt den Richter vielleicht von einer geringeren Kaution.  

Weitere Maßnahmen gibt es beim Initial Appearance in der Regel nicht. Sie sehen: Mit ein wenig Vorbereitung, im besten Falle mit Unterstützung durch einen Anwalt, gibt es hier nicht viel, weshalb man nervös sein sollte. Naja, vielleicht ist ein echtes erstes Date dann doch aufregender. 


Im Gegensatz zu sachlichen und neutral gehaltenen Artikeln, ist eine Kolumne ein subjektiverer und meinungsbetonterer Text eines Autors. Sie soll informieren, jedoch auch unterhalten und kann auch die persönliche Perspektive des Autors auf bestimmte Themen enthalten.